Atlantis
Erst vor kurzem hatte ich die Freude und Ehre, das neue, wundervolle Album vom schrullig-sympathischen Americana-Singer-Songwriter Israel Nash zu besprechen. Und was flattert mir da kurz darauf von meinem Chefredakteur unaufgefordert zugesandt in meinen Briefkasten? Eine weitere Perle aus der gleichen Genre-Ecke! Allerdings mit einigen wesentlichen Unterschieden, wenn auch nicht beim Niveau – und unerwarteten Schlussfolgerungen aus diesen markanten Unterschieden. Denn The Moonband stammt nicht etwa aus Kentucky oder einem irischen Nest, obwohl diese Assoziationen von der Musik her legitim wären – sondern aus München. Womit schon die erste Schlussfolgerung auf der Hand liegt: Das hier kann man eigentlich unmöglich Americana nennen. Denn abgesehen von der Herkunft beschäftigt man sich auch inhaltlich nicht mit der US-Kultur, sondern mit fantasievollen Geschichten, erzählt mit wundervollem akustischen Folk-Rock und nicht selten augenzwinkerndem Humor. Obwohl das Quintett bereits zwei vielbeachtete Alben veröffentlicht hat, zählt die Gruppe talentierter und vielseitiger Musiker noch immer als ‚Geheimtipp‘ und ich bin einmal mehr froh, einen solchen entdeckt zu haben.
’Atlantis‘ beginnt mit der beeindruckenden, mehrstimmigen Acapella-Nummer ‚No Bargain‘, ‚Set The Fire‘ umschmeichelt das Ohr rockig mit Mandoline, Violine, Banjo, Gitarre und einem erneut mehrstimmig vorgetragenen Appell, seinem Herz zu folgen. ‚Foghorn‘ ist eine düster-melancholische Folk-Ballade, die ihresgleichen sucht. ‚Joe Stack‘ hat wieder mehr Folk-Rock-Attitüde, ist aber nicht weniger charmant mit seinem Mandoline-Solo und seinem packenden Groove. ‚Marta Says‘ ist ein weiteres Kleinod und eines der wenigen Stücke, bei dem man eine elektrisch verstärkte Gitarren zu hören bekommt. Der Chorus ist das, was man landläufig als einen Ohrwurm bezeichnet und der mehrstimmge Country-Rock-Gesang tut dazu sein übriges. ‚Coral Strand Lane‘ hat die lieblich-traurigen Harmonien und die Instrumentierung einer authentischen Irish-Folk-Ballade. Bei ‚Heaven and Hell‘ bekommt das Banjo eine starke Stimme und auch sonst geht dieser Song mit seinem treibenden Rhythmus unter die Cowboy-Haut. ‚10.000 Voices‘ und der Titeltrack mit Mundhharmonika und Co runden dieses ruhige und intelligente Folk-Rock-Album der Spitzenklasse ab.
Abschliessende Schlussfolgerung: Wer braucht da noch Musiker aus dem Ursprungsland des Americana, wenn wahre Meister des melancholisch-verträumt-facettenreichen Folk-Rock in der Stadt an der Isar sitzen? Hier kann man auf eine Reise mitgehen, auf nach Atlantis. Es gibt viel zu entdecken, sowohl auf dem Album und vielleicht sogar in einem selbst?
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