Atlantis
„Was mag da nur im Kopf eines Mitarbeiters des lokalen großen Media-Laden vorgehen, wenn er das nunmehr dritte Album der Münchner THE MOONBAND einräumen muss, wenn er die Band nicht kennt. Spaciger Name, das schicke Cover deutet aber eher in Richtung Metal, bestimmt so´n symphonisches Getöse aus Schweden, oder doch ganz Trve aus Bella Italia, oder gar Prog-Metal? Ach ne, mal reinschauen, ist eine erdige Southern Rock-Band, harte Landjungs im Boot auf See und so. Ach oh, zwei Frauen, so hart kann das nicht sein.
So hart der Job für den armen Kerl sein mag, hier auf „Atlantis“ ist nichts hart, dezent mal rockig, mehr nicht. Und das ist gut so, den Zuspruch, den THE MOONBAND auf die ersten beiden Alben bekommen hat, gerade zuhause in Süddeutschland, haben die FolkrockerInnen angenommen und ihren recht eigenen Weg weiter fortgesetzt. Schaut man sich Berichte zu den früheren Alben an, da wird gern der Stempel Folk und/oder Americana aufgedrückt. Das findet sich hier auch wieder, klar, aber mit Anleihen am Indie-Rock und nachdenklichem Singer/Songwriter-Sound ist die Mischung weitaus vielschichtiger als erwartet, nicht nur durch den Einsatz von allerlei Instrumenten. Es klingt auch nichts kopflastig wie bei so manchen deutschen Folkbands, oft klingt reichlich jugendliche Frische und auch ein Hauch Naivität durch. Das natürlich positiv gemeint, die musikalische Umsetzung ist durchdacht und voller interessanter und verspielter Ideen. Allein der vielstimmige Gesang kann schon ratzfatz Sympathiepunkte sammeln.
So lädt gleich zum Auftakt passend ein einschmeichelndes A-Cappella-Stück direkt zum Zuhören ein, beim folgenden „Set The Fire“ packen sie einen dann endgültig. Mit dezentem Groove nimmt der Song fast fröhlich etwas Fahrt auf, sehr schön. Ebenso schön das zart-melancholische „Ivy In Your Garden“ mit angenehmen, nicht zu aufdringlichen Country-Flair. Beim swingenden „Joe Stack“ muss wohl jeder mittanzen, live wird das sicher ein kleiner Bandhit, aber auch sehr catchy das fast rockige „Marta Says“. Fast unvermeidbar bei einer Folkband ein Hauch Celtic, aber nicht oft so toll wie das irisch anmutende „Coral Strand Lane“. Wunderschön, wie die Violine traurig singt und die Bouzouki sich durchsetzt, nein, nicht das griechische Instrument, das irische ist eine 8-Saiten-Laute mit recht eigenem Klangbild. Bei „Heaven And Hell“ (ha nein, hat nichts mit BLACK SABBATH zu tun!) mit Banjogedingel denkt man auch mal an fröhlich-entspannten Southern-Rock, da passt dann auch wieder das Boot auf Teich-Bild. So bunt bleibt das ganze Album bis zum sehr schönen, abschließenden Titelsong. Der trieft vor echtem hippiesken 70ies-Feeling, hier kommt auch doch mal mehr als dezent BOB DYLAN durch, aber längst nicht so deutlich wie anscheinend auf den Vorgängern. Irgendwann kam auch kurz DONOVAN in den Sinn und andere Klassiker, aber die Band braucht solche Schubladen gar nicht. Der Sound passt zum Gesamtbild des Albums, alles klingt warm, echt, wie die Band selbst wohl auf der Bühne, da ist nichts aufgeblasen.
Das schicke Digipack rundet alles stimmig ab. THE MOONBAND klingt durchgehend sympathisch, und das findet sich sogar im Booklet wieder. Die lesenswerten Texte, ok, haben andere Bands auch. Aber wer packt schon die Akkordfolgen dazu und zeigt sogar die nicht so gängigen Akkorde zum Nachgreifen für an der Gitarre noch nicht so geübte Folkfans. Das ist mal richtig cool!
Sympathische Band, sympathisches Album! Wer Folk(-Rock) und Singer/Songwriter mag, der nicht nur stur altbekannte Themen abarbeitet, der sollte sich „Atlantis“ auf die Einkaufsliste setzen. Aber ruhig erst in die Metal-Ecke schauen, wo sie der ahnungslose Verkäufer wahrscheinlich einsortiert hat!“
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