Süddeutsche Zeitung Jugendseite

“Musik ist etwas grundlegend Menschliches”
Interview von Mira Sonia Bahl mit Eugen Mondbasis
Mit einer Mischung aus Folk, Pop und Rock bereichert die fünfköpfige Moonband bereits seit sechs Jahren die Münchner Musiklandschaft – am 7. Februar findet in der Freiheizhalle das Release-Konzert ihres neuen Albums statt.
Im Songwriting eine Folk-Band, von der Attitüde her Alternative / Indie. Mit ihrer Mischung aus Banjo, Slideguitar, Mandoline und mehrstimmigem Gesang will die fünfköpfige Moonband – im Leben abseits der Musik vier Designer und eine Schneiderin – den Zuhörer in den kometenerfüllten Weltraum oder an nächtliche Lagerfeuer entführen. Unter Vertrag bei dem kleinen Münchner Label Rockville, wollen sie sich der bloßen Geldmache im Musik-Business entziehen und entfalten auf ihrem dritten Album ‚Atlantis‘ lieber eine Welt zwischen Traum und Realität – wobei Atlantis als sagenumwobener Ort unter ihrer Feder allerdings jeden Zauber verliert. Unter ihren anfangs rein akustisch-folkigen Sound haben sich nun auch einige elektronische Klänge wie eine E-Gitarre gemischt.
Eure Musikvideos produziert ihr im Low-Budget-Stil, auf eurer Seite steht, man würde von euch entführt, in den Weltraum oder an grüne Waldlichtungen. Das macht einen sehr verträumt-romantischen Eindruck, der auch gegen die typische Musik-Business-Schiene läuft. Wie steht ihr zur Musikindustrie?
Also, das Musikbusiness im großen Format ist unserer Meinung nach im Grunde genommen kaputt. Die Leute können nicht davon leben. Und ein kleines Label so wie unseres hat den Vorteil, dass wir dort keine Karteileiche sind. Es kümmert sich nicht um so viele Bands, als dass es aus Versehen passieren könnte, dass sie uns vergessen. Jetzt führt das aber auch dazu, dass wir keine Budgets haben, mit denen wir Videoproduktionen machen könnten, die nach High Quality aussehen.
Ihr wollt euch also nur dem Musik-Business im großen Format verwehren?
Was den Kulturbetrieb der Musikindustrie wie auch die Süddeutsche betrifft, wollen wir uns jedenfalls auf keinen Fall verwehren. Wir durften ja beispielsweise auch auf dem ‚Sound of Munich now‘ von der SZ-Jugendseite als Lieblingsband spielen. Das ist unserer Meinung nach eigentlich das, was passieren muss.
Was meinst du damit?
Kultur machen.
Beim Sound of Munich now geht es ja vor allem darum, einen Querschnitt der Münchner Musikszene zu bieten…
Ja, und das ist eine sehr schöne Sache. Und da hat man dann auch einen kulturellen Output. Wenn jetzt aber in der Musikindustrie nur davon geredet wird, Geld zu machen, sehen wir das kritischer.
Wie passt das Entführt-werden in den Weltraum mit Folk beziehungsweise Alternative / Indie zusammen?
Das ist so eine generelle Vorstellung, die sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat, dass der Weltraum immer nach sphärischen Synthesizern klingen muss. Und das ist uns persönlich ein Anliegen, dass das total unrealistisch ist, da es Orte im Universum gibt, wo kein Strom zur Verfügung steht. Da wird es wahrscheinlicher sein, dass man mit einer Akustikgitarre Musik macht, wodurch es zwangsläufig eher Folk ist, als Techno.
Die Grundthematik des Weltalls kommt bei euch generell häufiger vor: in eurem Bandnamen, außerdem bezeichnet ihr euch als Folkastronauten. Warum denn?
Wenn man eine Zoom-Stufe zurückschaltet und die Welt aus dem All wie einen Ameisenhaufen betrachtet, sieht man, wie der Planet Erde so im Weltraum schwirrt. Das ist alles eine ziemlich große Sache. Wir sind da relativ klein drin. Und in Anbetracht dieser Größe stellt sich doch manchmal die Frage, was wir hier eigentlich für einen Wahnsinn betreiben. Die Musik bildet aber eine Ausnahme. Selbst wenn man alles andere nicht mehr macht, keine Emails beantworten mehr, et cetera, wird man zum einen natürlich immer noch irgendwie überleben müssen, aber man wird dann auch relativ bald Musik machen. Wenn man in die Urzeit zurückgeht, sieht man, dass einfach relativ schnell auf irgendwelchen Schildkrötenpanzern herum getrommelt wurde. Das war in dem Sinne Folk. Man hat das am Lagerfeuer zur gesellschaftlichen Belustigung gemacht und mit Menschen geteilt, auch wenn man davon heute keine archäologischen Zeugnisse findet, weil es keine versteinerten Nachweise gibt. Aber Musik ist etwas grundlegend Menschliches. Das hier ist keine Business-Band, die dafür da ist, Geld zu verdienen. Wir machen das, weil wir den absoluten Zwang verspüren, Musik zu machen, in den ungefähr nur 80 Jahren, die wir in diesem Universum sind.
Aber es ist ja nicht jeder musikalisch gleich begabt?
Es ist ja auch nicht so, dass jeder Musik machen muss. Aber wir müssen es tun, und irgendjemand in der Gesellschaft wird es immer machen.
Bei euren Aufnahmen zieht ihr euch auch immer ein wenig zurück: Eure letzten beiden Alben habt ihr in Tschechien aufgenommen. Wie kamt ihr darauf?
Das Wieso ist ganz einfach: unsere Sängerin Katrin ist gebürtige Tschechin. Ihre Verwandtschaft hat dort ein sehr schönes Haus, das konnten wir benutzen. Und wir wollten vor allem einen Ort, wo man so weit weg ist, dass man nicht ständig von irgendwelchen anderen Dingen abgelenkt ist. Das ist der Grundgedanke. Wir müssen uns für die Aufnahmen Zeit nehmen, das heißt, wenn man sich schon zwei Wochen Zeit nimmt, sollte man auch konzentriert arbeiten können. Und der Ort war wunderschön. Man erwartet das nicht unbedingt, an der tschechisch-deutschen Grenze, so eine wunderschöne Welt vorzufinden. Aber nicht im Robinson-Club-Gedanken schön, sondern irgendwie vergessener. Aber auch nicht verwunschen.
Aber bei euch gibt es schon manchmal ein verwunschenes Element? Ihr sagt ja auch, eure Musik würde zwischen Traum und Realität pendeln und sei was für verträumte Realisten.
Da gibt es halt immer diese Gratwanderung zwischen Realität und Traumwelt, beides vermischt sich an vielen Stellen. Wenn ich jetzt diesen Ort in Tschechien sehr schön finde, würdest du aber vielleicht hinfahren und den nicht so schön finden. Die Beschreibung im Song fällt mir aber natürlich vor allem dann leicht, wenn ich diese reale Welt in das verpacke, was ich fühle, wenn ich dort bin. Das wird ja automatisch zu etwas unrealistischem, oder zumindest zu etwas träumerischem. Und wenn du das Lied dann hörst, wird ja deine Wahrnehmung auch nochmal drauf gepackt. Das ist dann so eine Art Flüsterpost glaube ich. Das, was bei dir ankommt, pendelt zwischen Realität und Traum. Es ist natürlich eine Realität, dass ich den Song spiele, aber der handelt ja wiederum nur von einer Realität, die ich wahrgenommen habe. Und so pendelt ein Song eben auch zwischen Sätzen, wo man sagen kann, das sind nüchterne Betrachtungen, und dann solchen, die Interpretationen von mir sind, wie ich diesen Ort sehe.
Seid ihr in Tschechien auch schon mal aufgetreten?
Noch nicht wirklich. Ein paar Jam-Sessions haben wir gemacht. Aber nichts, was man als Konzert bezeichnen würde.
Für euer drittes Album jetzt wart ihr aber im Bayerischen Wald?
Unser Schlagzeug hatte zugelegt. Das Haus in Tschechien war zu klein geworden. Die logistischen Bedingungen waren einfach nicht mehr ausreichend. Außerdem hatten wir an- und abreisende Gastmusiker, da war das einfach praktischer.
Wie sieht eure Plattensammlung aus? Deckt sich das bei einer fünfköpfigen Band?
Bei uns in vieler Hinsicht schon: viel Amerikana: Dylan, Ryan Adams, Leisure Society. Das wäre so der gemeinsame Nenner. Und dann hat jeder seine Ausbüchser: der Andi hört ein bisschen mehr Hardrock, meine wären dann Irish Folk. Hin und wieder schleicht sich sicher auch mal eine Techno-Platte ein. Ich komme ja auch aus dem Punk-Grunge, das habe ich ja nicht alles aus meinem CD-Regal rausgeschmissen.
Wie geht es bei euch weiter?
Nach dem Release-Konzert wollen wir auf Tour gehen und den Alpenraum bespielen, also Süddeutschland, Österreich, Schweiz… Und uns dann auch, soweit das logistisch möglich ist, in den Norden vorarbeiten. Wir haben schon eine relativ gute Basis in Dresden… Allgemein mehr spielen ist der Plan bis zur übernächsten Platte.