The Significance of Denavigation
„Was würde der geneigte Hörer vom Tonträger eines Ensembles namens Moonband erwarten, dessen Titel noch dazu Aufschlüsse über die Bedeutsamkeit von fehlerhafter Steuerung verspricht? Nun: Player an – ein metallischer Countdown, explosives Zünden eines Raketenantriebs, bis das Lift-off wie eine Erlösung ertönt. Dröhnen, das Mondschiff hebt ab. Danach Überblendung in eine spacige Geräuschkulisse, Synthesizerklänge wabern, um akustisch die unendlichen Weiten des Alls an unsere Lauscher zu beamen und uns vorzubereiten auf die neueste Weltraumorgie einer Progressive Rock-Combo…
Doch nicht umsonst nennt sich die Formation, um deren neuestes Opus es hier gehen soll, zeitweilig The Incredible Moonband: Unglaublich, aber wahr… nicht ein Take-off einer Apollomission eröffnet „The Significance Of Denavigation“, sondern das Knarren einer quietschigen Holztür. Jemand betritt den Raum und die bald darauf erklingende Musik ist alles andere als spacig. Vielmehr ist sie als ‚erdig‘ zu umschreiben. Rein akustische Klänge, wie die Hausmusik auf bäuerlichen Anwesen, inmitten der Appalachen. Das zugrunde liegende Flair ist rundum Americana-geschwängert und klingt so authentisch, dass nur schwer zu glauben ist, dass diese Band aus München stammt. Im Jahre 2010 hatte die Moonband bereits ein Album in Eigenregie herausgebracht, das, dem Zeitgeist von ’schneller – härter – lauter‘ zum Trotz ein Überraschungserfolg wurde und selbst beim Bayerischen Rundfunk starkes Airplay erhielt.
Das Zusammenspiel der fünf Musiker und Musikerinnen ist, durch rege Aktivitäten als Straßenkünstler und in der Clubszene rund um die Bayernmetropole, sehr fein geschliffen und erreicht mühelos die Dichte uramerikanischer Vorbilder. Trotz ihrer technischen Versiertheit versprüht die Moonband stets eine fröhliche Lockerheit und ihr Humor trägt ein übriges dazu bei, dass man beim Lauschen ihrer Songs nicht melancholisch oder mondsüchtig wird, sondern die Gefühle in sonnige Gefilde driften. Dabei sitzt den Weltraumhillbillies auch immer der Schalk im Nacken: So ist es bestimmt kein Zufall, dass ausgerechnet Track Nummer 8 mit „Number 7“ betitelt ist. Nachdem die letzte Versuchung Christi bereits vor Jahren durch Martin Scorseses Monumentalfilm „The Last Temptation Of Christ“ reflektiert wurde, beschäftigen sich die Country-Meister aus München mit den Versuchungen einer anderen Heilsgestalt: Ob die „Temptation of Superman“ wohl „Lois Lane“ heißt?
Trotz der immer verspielt wirkenden Arrangements, die oft zum Mitwippen einladen, sind die Kompositionen durchaus komplex und in den jeweiligen Umsetzungen entdeckt man immer wieder Neues. Keines der Instrumente spielt sich in den Vordergrund, der Gruppensound ist homogen. Hier und da gibt es dann mal kleine Überraschungen, wie den Einsatz eines Glockenspiels oder einer Tuba, doch fügen sich diese Effekte immer harmonisch in das Ganze ein. Die Stimmen erklingen natürlich, ohne das genmanipulierte Schmachten, das in Castingshows um sich greift. Das ist eben Folk, ganz in der ursprünglichen Prägung: Musik von Menschen wie Du und ich für Menschen wie Dich und mich… der Gefühlsausdruck bleibt echt und unmittelbar. Vor allem, wenn sich die Mitglieder der Moonband zu mehrstimmigem Gesang aufschwingen, können die Vocals im positiven Sinne Gänsehaut erzeugen.
Im letzten Song, „Endless Tune“, wird es dann doch einmal so richtig nachdenklich, sowohl textlich als auch musikalisch – und hier taucht auch als hervorstechendes Instrument einmal eine elektrische Gitarre auf – nach all den rein akustischen Klängen der vorangegangenen Stücke entfaltet sich hier durch diesen Kunstgriff eine besondere Intensität, der auch dem Text sehr gerecht wird. Das Album erfährt somit an seinem Ende noch eine unerwartete, höchst effektive Steigerung.
Ein wirklich sehr sympathisches Werk, ganz der Authentizität des Folk-Revivals in den seligen Siebzigern verpflichtet, und dennoch völlig auf der Höhe der Zeit stehend – das ist definitiv kein Retro-Produkt. Eher schon der Beweis, dass auch das aktuelle Jahrtausend reif ist für handgemachte Klänge. Übrigens: Alle Stücke für „The Signification Of Denavigation“ wurden live, wenn auch ohne Publikum, eingespielt – Musik zum Anfassen. Wer die Stücke gerne nachspielen möchte, findet im liebevoll gestalteten Booklet sämtliche Texte und die benötigten Gitarrenakkorde! Also, ran an die Klampfen, Jungs und Mädels! Auf dass die wunderbaren Lieder der Moonband irgendwann mal echte Folksongs werden!“
http://www.rocktimes.de/gesamt/m/moonband/signification_of_denavigation.html